Exclusive-Life driven by exception
Fahrbericht Maserati Grecale Trofeo – Mit Rückenwind durch Mailand
Eine frische Brise aus Nordost weht uns um die Ohren. Ein edler Luftzug, bestens gekleidet, auch für SUV-Skeptiker. Und die mehr als 500 Pferde unter der Haube freuen sich auf Kurven und freie Fahrt.
Irgendwo mitten in Mailand, mitten in der Woche, Vormittag, Berufsverkehr, also hupende Roller, Taxies, Lieferwagen, Touristenbusse und so weiter. Der Grecale, als jüngster Botschafter italienisch-luxuriöser Mobilität, steht vor der Fahrt in einem Hinterhof und er läßt sich bereitwillig inspizieren. Die Herkunft ist klar, innen wie aussen. Nur eben dem Zeitgeist weiter folgend, wie eine modernere Variante des großen Levante. Einen Tick filigraner, dynamischer, digitaler und gleichzeitig den tiefen Wurzeln der Marke folgend. Der beste Beleg dafür, die feine Uhr auf der Instrumententafel, als digitaler Kumpel der beiden Monitore darunter. Per Fingertip oder per Sprache als Informationszentrale und zur Justierung der wichtigsten Einstellung sehr einfach bedienbar. Ein HeadUp fehlt, wie bei so vielen anderen zeitgenössischen Autos. Maserati verspricht Besserung, beim Grecale allerdings erst mit dem nächsten Facelift. Wir sind gespannt und prüfen den äusseren Schein des Italieners.
Dass der Trofeo mehr Sturm als Wind ist, sieht man unserem Testwagen sehr deutlich an. Mehr Luft, die vorne reinströmt, damit der aus dem MC20 stammende V6 nebst BiTurbo keinen Mangel an Kühlung und Futter für die Zylinder erleiden muss. Zudem wurde die Nase, so erzählt es Chefdesigner Klaus Busse beim Abendessen, deutlich gesenkt. Der Grecale, sein Name ist einem bisher recht unbekannten italienischen Nordwind entlehnt, solle seine sportlichen Ambitionen auch nach Aussen tragen. Vermutlich auch zur Unterscheidung zum Levante. Die seitlichen Front-Öffnungen sind weit nach oben gezogen, dafür mussten die Nebelleuchten, die wir vom Levante kennen, weichen oder besser, bei den Hauptleuchten um Unterschlupf bitten. Weiter hinten erkennen wir dann den wohl wichtigsten Unterschied zum größeren Bruder, ab der B-Säule senkt sich das Dach dann doch erheblich. SUV mit Coupé-Dach sind en voque, auch in Italien.
Im Innenraum strömt neben der zeitgenössischen Digital-Luft auch der Atem des klassischen Maserati-Odems. La fragranza in Form von Leder, Stoff und der Verbindung aus Sichtkarbon plus die eher zaghafte Verwendung von Metall. Es wirkt nicht nur elegant, es ist es auch. Vor allem das Thema Qualität der Materialien und deren Verarbeitung ist spür- und sichtbar. Man sitzt in einem Maserati, der den Vergleich mit anderen seiner Art mit einem Lächeln erwartet.
Und jetzt sitzen wir vor dem Steuer, der Fahrmodus soll uns komfortabel durch die Stadt laufen lassen. Enge Gassen erwarten uns und das Navi sollte schnell sein, und präzise. Mailands Innenleben ist schnell, konfus und folgt seinen eigenen Regeln. Du bist ruckzuck umzingelt von lauten oder sehr leisen Scootern, Fahrräder sind mittlerweile, dank E-Antrieb, schneller als die meisten Autos, Fußgänger kreuzen, den Blick auf´´ s Handy gerichtet, nahezu blind die Straßen und der nagelneue Grecale ist auf den ersten Metern so fremd wie das jüngste Buch einer Autorin, deren frühere Werke man vor Jahren zum letzten Mal in Händen hielt. Man kennt alle Knöpfe, die Enden der Karosserie sind nicht wirklich sichtbar aber du spürst, dass in etwa 20 Kilometern Mensch und Wagen einander verstehen werden. Und die nächsten 20 Kilometer sind in einer Stadt wie Mailand kein Pappenstiel.
Links, rechts, links. Der Innenstadt-Tango fängt hektisch an, der rechte Fuß sucht den Druckpunkt, findet ihn und das Navi ist schnell, sehr schnell. Jede Abbiegung wird rechtzeitig angesagt, fährt man in die falsche Richtung, erscheint sofort die neue Routenführung. Enge Passagen werden lässig genommen, der Wagen fühlt sich schmal, kurz und wendig an. Fast ein Stadtwagen, wären da nicht die 530 PS, die unter der Haube lauern und die sich immer dann bemerkbar machen, wenn die Ampel auf Grün wechselt, weil der Trofeo dann am liebsten losspringen will. Und er will raus aus der Stadt.
Autobahn, Limit 130, noch ein Limit: andere Autos. Ein kurzer Sprung von 60 auf 130, der V6 ist glücklich wie ein junger Hund, der von der Leine gelassen wurde und jetzt dem nächsten Baum entgegenstrebt und dann ist da eben doch eine Leine. Der Bremsfuß wirkt und der junge Hund trottet neben dir her. Ruhig, gelassen und doch irgendwie enttäuscht. In den Club für Abstinenzler. Und du hast den besten Gin aller Zeiten in der Tasche. Ein paar Kilometer nur, zum Erahnen. Schnupperkurs für geduldige Geniesser.
Was wir erfuhren, war spannend. Weil dieser Grecale den Sportler in sich sehr gut im Griff hat. Der Wagen will und kann, aber er muss nicht. Ein paar Minuten später, Diner in Italiens schönster Raststätte „Autogrill Villoresi Ovest“ kurz vor Mailand. 1958 eröffnet und jetzt renoviert und zum Palazzo mutiert. Schöne Grüße an Tank und Rast. So geht es auch. Mit uns am Tisch Klaus Busse. Und er zeichnet Striche und Formen auf eine Serviette. „Für Ralf“ steht auch drauf. Eingerahmt. Und jetzt freuen wir uns auf eine echte Testfahrt im Grecale Trofeo, mit Kurven und Geraden, mit langen Geraden und dem Auslauf, den ein junger, sehr sportlicher Hund nun mal braucht.
Und ja, da sind noch zwei Varianten des Crecale: Der Grecale GT und der Grecale Modena. Beide mit zwei Liter Hubraum und vier Zylindern in Reihe. 300 oder 330 PS liegen an und sie kosten ein paar Dollar weniger als der Trofeo. Ab 71.590,- der GT und ab 81.991,- der Modena. Alle drei kann man bestellen, geliefert wird dann später in diesem Jahr.
Und jetzt zwei Fotos: Der Lüster ziert die oben genannte Raststätte und darunter das Kunstwerk aus der geben Hand des Maserati-Chefdesigners Klaus Busse.