Exclusive-Life driven by exception
Fahrbericht BMW X5/X6 M Competition – Traktionshelden
Brüder im Geiste und unter der Haube. Jeweils ein Kraftpaket und hoch modern. Schnell, stark, ästhetisch konsequent und auf jeden Fall ein BMW. X5 und X6, zwei mal das große X mitten in Arizona auf Testfahrt und auf Erkundungstour.
In Scottsdale bei Phoenix spielt man eigentlich Golf. Oder man zählt Kakteen. Oder man läßt 625 PS aus einem V8 BiTurbo durch die Lande ziehen und denkt darüber nach, was ein 2,3 Tonnen leichter Viersitzer mit derart viel Motorleistung so alles kann. Und dann kramt man aus dem Langzeitgedächtnis noch ein paar Bilder von Rennstrecke, auf der man vor rund zehn Jahren einen X5 M und eine X6 M bewegen durfte. Beide waren mit 555 PS bestückt und beide waren echte Traktionshelden.
Im Jahr 2020 steht uns keine Rennstrecke zur Verfügung, dafür endlos lange Straßen, drum herum wunderbare Landschaften, die schon John Wayne, Henry Fonda und alle anderen Western-Helden beritten haben. Der X5 m Competition, galoppiert quasi sehr lässig durch die Gegend und wir überlegen uns, wie man diesen bayrischen Helden die Begabungen entlockt, die BMW mit reichlich Hirnschmalz hinein entwickelt hat.
Als wir den ersten X5 bewegen konnten, gab es ein Thema, das alle anderen überragte. Schwerpunkt und Fahrdynamik. Der X5, als erster seiner Art auf dem europäischen Kontinent unterwegs, war ein weltweites Novum, weil die Entwickler in München es schafften, dass man sich in einer Sportlimousine wähnte und doch einen SUV mit recht hohem Schwerpunkt bewegte. Wankstabilisierung lautet das Zauberwort. Selbst bei heftigsten Kurvenfahrten saß dieser BMW auf der Straße wie ein Sportler. Kein Nicken, kein Wanken, kein Zeichen einer Fahrwerkschwäche. Man stieg aus und wunderte sich. Das war vor zwanzig Jahren.
Im Jahr 2020 weiß man um die Qualität des Bayern. 21 Zentimeter Bodenfreiheit, 2,3 Tonnen Leergewicht und 600 PS zwecks maximaler Dynamik. Hier in Arizona fliegen die Tempowächter tief und sie können sehr teure Tickets ausstellen. Man muß ein wachsames Auge haben und man muß warten können. Wir haben Adlerauge laufen lassen und wir haben gewartet. Eine lange Gerade, die in ein Kurvengewirr führte. Rings herum reichlich Mauern aus Stein, in Form von Felsformationen, dazu ein paar Kakteen als Zuschauer.
Zuerst die Launch-Control. Es soll unter vier Sekunden ablaufen, der Sprint aus dem Stand bis 100 km/h. Wir haben es probiert und geschafft. Dabei werden vier Endrohre zu Trompeten der tiefen Töne, V8-typisch. Kraftvoll, selbstbewußt und irgendwie ein wenig pubertär. Er ist der Schwergewichtler, der seinen Gegnern das Leben so schwer wie möglich macht. Und diese Gegner heissen: Schwerkraft, Reibungsverlust, Zentripetalkraft und Angst. Ja, Angst zählt dazu, weil die Insassen dieses hohen Wagens das technische Talent des X5 erstmal nicht wirklich einschätzen können. Da sitzt du in diesem fast 1,80 Meter hohen Wagen, schaust hinab auf die Straße, die so fern ist, als sässe man in einem Greyhound-Bus, nur dass dieser Wagen mit 130 km/h durch die Kurve läuft, als wäre genau das so normal wie in einem Sportwagen, der neugierig an der Asphaltdecke schnüffelt.
Wir rennen also mit, fast, Volldampf durch die Gegend, wir werfen den BMW hin und her, wir bremsen voll bis zum Stand und rennen wieder los und dann die Frage nach der Lust auf Gelände. Also kein derbes Gelände á la Sumpf oder Wüste. In der Namib waren wir mit dem X5 schon und dort war die größte Schwäche der Mensch hinter dem Steuer. Wie so oft im Gelände. Hier in der Steppe kann der X5 mit dem großen C für Competition recht gut und vor allem recht präzise umher gefahren werden. Der Allradantrieb mit Luftfederung, Differentialsperre und Hinterradlenkung schon recht grobes Gelände befahren. Man könnte sich um die Reifen sorgen, weil sehr spitze Steine keine Rücksicht auf High-Performance-Pneus nehmen. Aber das Sortiment aus cleverer Elektronik, robuster Mechanik und der Erfahrung aus zwanzig Jahren X5 ist eine Freude im Gelände. Wie rollen wieder auf festen Boden und wollen wissen, ob man denn auch bequem dahin rollen kann. Das hängt ab von Bodenbelag, Reifen, Luftführung, Verarbeitung und Geschwindigkeit. Wir machen das mal mit 50 Meilen und der X5 ist kein Störenfried, auch bei der Vorbeifahrt. Der Kollege hat die Ohren gespitzt und den Daumen nach oben geliftet. Er meint, man müsse dem Wagen, wie bei E-Autos, ein Geräusch einbauen. Man hört fast nichts. Dann die doppelte Ladung, 100 Meilen, was dann 160 km/h meint und da melden sich die Kräfte und Säfte des X5 M Competition. Es röhrt und es melden sich die Reifem weil sie zwei gemischte Doppel abgeben, heisst: von 20 Zoll und hinten derer 21. Und das hat zur Folge, dass es dann doch ein wenig härter und lauter zugeht. Competition kommt nicht von leise oder Comfort.
Es gilt also den besten X5 an seine Grenze zu bringen, ihn zu fordern, ihn zu ärgern und ihn zu provozieren. Rein in die Biegung, mit Schmackes und dem Anstellwinkel für einen kleinen Drift, vorab die Fangleinen in die Pause geschickt und tatsächlich, er will hinten raus und wir lasen ihn für einen klitzekleine Ewigkeit. Der Hintern schaut vorbei, die linke Rückleuchte winkt in den Seitenspiegel und wir geben ein wenig Gas. Es läuft recht gut, bis wir uns überlegen, dass man die Räder rollen lassen soll, das ist schneller und spart den frühen Gang zum Reifenhändler.
Das Thema Technik und Komfort treibt dann doch den Gasfuß in die Höhe. Mit 65 Meilen über den Highway, überholen und überholt werden. Zurücklehnen, die Anlage liefert die Stimme eines Moderators in einer Local-Station. Er plappert und plappert, Werbung oder was auch immer. Dann Musik, irgendwas mit Gitarre und Bass. Der Drehknopf für die Lust wird bewegt, die Anlage liefert den Sound in bester Qualität. Der Monitor liefert Bilder, Karten, Infos, immer im Gleichklang mit den HeadUp, das man immer dann besonders mag, wenn es nicht eingebaut wurde. Auch das ist typisch BMW. idrive, HeadUp und dieses sehr schnelle, sehr zuverläßige Navi.
Wechsel, den X6. Mit gleicher Wucht, gleicher Technik nur eben ganz anders. Je nach Perspektive. Das Heck, so hoch wie der Hintern eines mittelgroßen Pferdes, ist die Paradeansicht. Hier ist der X6 ein X6. Es passt weniger rein, als in den X5. Ganze 340 Liter, wenn man das Maximum wählt. Das ist mehr als so einige Roadster mitnehmen können. Und dann die Wirkung. Man steigt ein und erwartet noch mehr Wumms, noch mehr Wucht. Er verbraucht einen Tick weniger, weil er weniger auf die Waage bringt. 15 Kilo und das macht dann um 0,3 Liter auf 100 Kilometer. Aber man steigt dann doch noch lieber auf´s Gas, weil man das Heck gesehen hat und weil man Coupés eben doch lieber schneller fährt.
Ein paar Kurven, ein paar Geraden. Die gleiche Nummer. Kein Wanken, kein Zögern, der X6 wäre dem X5 nicht überlegen. Nur die Ästhetik spielt eine Rolle oder der praktische Nutzen. Und das Image. Der X5 als der eher praktische Supersportler, der X6 dann doch der Coole mit dem Heck eines, sie wissen schon.
Fotos: BMW